Leistungsdiagnostik

Leistungstests für Hürdenlauf und Slalomlauf

In anderen Sportarten wird die Leistungsdiagnostik schon seit vielen Jahren erfolgreich angewendet, um Informationen über den Leistungsstand eines Sportlers sowie Ansatzpunkte für ein zielorientiertes Training zu bekommen. Bei diesen Leistungstests wird nicht die eigentliche Wettkampfdisziplin absolviert, es werden vielmehr die dafür erforderlichen Zubringerleistungen überprüft.
Übertragen auf den THS bedeutet das, dass auf Grundlage objektiver Leistungstests ermittelt werden soll, ob die Defizite in der Fitness oder in der Lauftechnik des Hundeführers liegen oder ob der Handlungsbedarf beim Zusammenspiel mit dem Hund zu suchen ist.
Zunächst einmal gilt es, geeignete Leistungstest für den THS zu entwickeln. Die Tests müssen so aufgebaut sein, dass sie nicht nur einen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit bzw. Defizite geben können, sondern auch gewährleisten, dass bei gleichen Rahmenbedingungen auch das gleiche Ergebnis erzielt werden kann (Prinzip der Wiederholbarkeit). Aus diesem Grund sollten auch die gemessenen Distanzen nicht zu kurz sind, damit durch Messtoleranzen die Ergebnisse nicht überproportional stark beeinflusst werden. Nur dann ist auch eine valide Aussage über den Verlauf der Leistungsfähigkeit (Steigerung, Stagnation, Verschlechterung) möglich. Nachfolgend werden Möglichkeiten für Leistungstests im Hürden- und Slalomlauf beschrieben.

1. Leistungstests Hürdenlauf

Im Hürdenlauf gibt es drei Parameter, die hauptsächlich die Leistung beeinflussen:
> Die Maximalgeschwindigkeit in Verbindung mit der Hürdentechnik
> Die Lauftechnik für das Umlaufen der Wendestange
> Der Einfluss des Hundes auf den Lauf

Testlauf Hürden mit Hund

1.1 Maximalgeschwindigkeit (Test 1)
Die Maximalgeschwindigkeit lässt sich am besten durch das Geradeauslaufen über die Hürden bestimmen. Als Testsequenz wird die Laufstrecke vom Start weg bis zu Hürde 3 (30 Meter) gemessen. Die Hürdentechnik ist nur bedingt messbar, da es hier wiederum zwei Einflussgrößen gibt: dies ist zum einen die Effizienz der Hürdentechnik und zum anderen ist es die Stabilität. Die Stabilität lässt sich nachweisen, indem bei mehreren Läufen hintereinander nur eine geringe Differenz gemessen wird. Die Effizienz lässt sich durch diesen Test nicht überprüfen.
Zur Zeitmessung positioniert sich der Zeitnehmer auf Höhe Hürde 3. Wenn die Laufzeit von Hand gemessen wird, empfehle ich, auf Pfiff zu starten, da bei fliegendem Start die Messungenauigkeit zu groß werden kann. Besser ist, wenn bei diesem Test die Zeitmessung elektronisch durchgeführt wird, denn dann wird auch der Einfluss der Reaktionszeit auf den Startpfiff ausgeschlossen.

Bei Läufen gegeneinander wird nochmals zusätzlich Motivation frei.

1.2 Lauftechnik Wendestange (Test 2)
Die Lauftechnik zum Umlaufen der Wendestange hat eine große Ähnlichkeit mit dem Slalomlauf, genauer gesagt mit der Technik für das direkte Anlaufen der Rechtstore. Das Senken des Körperschwerpunktes, das Finden des richtigen Abbremspunktes, eine aktive Schrittfolge beim Umlaufen der Wendestange sowie ein gutes Beschleunigungsvermögen sind Parameter, die die Leistung wesentlich beeinflussen. Im Gegensatz zum Slalomlauf verstärkt sich die Gewichtung dieser Parameter sogar noch auf Grund der steilen Richtungsänderung um 180 Grad und auf Grund fehlender Alternativen für den Laufweg.
Gestartet wird an der Hürde 2 und es wird bis zur Hürde 4 durchgelaufen. Die Zeitmessung erfolgt von Hürde 3 bis zur Hürde 4. Da sowohl der Start- als auch der Zielpunkt genau auf gleicher Höhe liegen, lässt sich dieser Test auch sehr gut von Hand messen.

1.3 Interpretation der Messergebnisse
Die Testeinzelzeiten können entweder für sich alleine betrachtet werden oder sie werden in Bezug zueinander gesetzt. Bei einer Einzelbetrachtung ist bei unterschiedlichen Leistungstests im Verlauf des Sportjahres oder über mehrere Sportjahre hinweg die Differenz zu ermitteln.

Verhältnis Test 1 zu Test 2:
Einen weiteren Mehrwert wird erzielt, wenn die Leistungstests in Bezug zueinander gesetzt werden. Erfahrungswerte haben gezeigt, dass in einem Toleranzbereich zwischen + 6 und + 9 Prozent zwischen Test 2 und Test 1 die Zubringerwerte „Wendestange umrunden“ und „Geradeauslaufen“ im Gleichgewicht sind. Ist die Differenz zu groß, dann muss die Laufgeschwindigkeit verbessert werden, ist sie geringer, dann liegt der Ansatzpunkt für das Training in der Optimierung der Technik beim Umrunden der Wendestange.

Theoretische Wettkampfleistung
Test 1 + Test 1 x 0,95 + Test 2 = Theoretische Wettkampfleistung
Werden Test 1 und Test 2 zusammengefasst, kann die komplette Wettkampfstrecke im Hürdenlauf abgedeckt werden. Da die Distanz von Hürde 4 bis zum Ziel dieselbe ist wie von Start zu Hürde 3, wird dieser Test zwei Mal eingebracht. Zu beachten ist, dass Test 1 für das Teilstück „Hürde 4 bis Ziel“ mit einem fünfprozentiger Abschlag bewertet wird, da im Gegensatz zu „Start bis Hürde 3“ dieses Teilstück im Wettkampf ohne Startbeschleunigung – also aus dem vollen Laufen heraus – absolviert wird. Aus dieser Summe ergibt sich die theoretische Wettkampfleistung, d.h., der Hundeführer wäre bei optimalem Ablauf in der Lage, diese Zeit laufen.

Der Einfluss des Hundes auf den Lauf
Im besten Fall sollte es gar keinen negativen Einfluss des Hundes auf die Laufzeit geben, das heißt, ein Lauf mit Hund sollte nicht langsamer sein, als ein Lauf ohne Hund. Aus diesem Grund sollten die Leistungstests sowohl mit als auch ohne Hund durchgeführt werden. Aus der Differenz beider Läufe ergibt sich das Leistungspotenzial, das durch eine verbesserte Mensch/Hund-Kommunikation erzielt werden kann. In seltenen Fällen ist bei Läufen mit Hund sogar eine positive Wirkung (= schnellere Laufzeit) festzustellen.

Auswertung am Beispiel Hürdenlauf

2. Leistungstest Slalomlauf

Der Leistungstest wird für den Slalomlauf im magischen Dreieck ausgeführt. Es eignet sich sehr gut dafür, die Leistungspotenziale zu identifizieren und kann die Frage beantworten, wo der Hundeführer bzw. das Team am meisten Zeit „liegen“ lässt. Sind es die Linkstore oder die Rechtstore oder ist es das Laufen in Verbindung mit dem Hund? Oder das Team ist einfach nicht so Laufstark und die konditionellen Grundlagen müssen verbessert werden.

2.1 Rechtstore (Test 3)
Zum Test der Lauftechnik in den Rechtstoren wird das magische Dreieck einmal komplett im Uhrzeigersinn durchlaufen. Start ist in Tor 1. Durch die schräg ausgerichteten Tore im magischen Dreieck wäre die Zeitmessung direkt ab bzw. im Tor zu ungenau, da nur schwer eine genaue Messlinie visualisiert werden kann. Deshalb wird zwei Meter nach Tor 1 – am besten mit zwei Tellern – eine weitere Markierung speziell für die Zeitmessung angebracht. Da Start und Ziel genau an derselben Stelle sind, lassen sich die Laufzeiten leicht und exakt von Hand stoppen.

Das Ablaufen der Rechtstore ohne Hund.

2.1 Linkstore (Test 4)
Zum Test der Lauftechnik in den Linkstoren wird das magische Dreieck einmal komplett gegen den Uhrzeigersinn durchlaufen. Start ist in Tor 1. Wiederum wird eine Markierung zwei Meter nach Tor 1 speziell für die Zeitmessung angebracht, um Messtoleranzen zu minimieren.

Das Anlaufen der Linkstore mit Hund.

2.3 Interpretation der Messergebnisse

Rechtstore im Verhältnis zu Linkstoren
Grundsätzlich sollten das magische Dreieck im Uhrzeigersinn schneller gelaufen werden können als gegen den Uhrzeigersinn, vor allem wenn mit Hund gelaufen wird, da der Laufweg in den Linkstoren länger ist.

Einfluss des Hundes bei Rechts- und Linkstoren
Bei eingespielten Teams ist der Einfluss des Hundes ein wichtiger Gradmesser für das Setzen der zukünftigen Trainingsschwerpunkte. Solange der Hund den Lauf durch Bedrängen zu stark beeinflusst, bringt es auch nichts, die anderen Parameter zu verbessern. Messbar wird das Bedrängen durch die Läufe mit und ohne Hund, die Differenz zeigt die Leistungsreserven auf.

Kondition
Die Kondition kann gemessen werden, indem anstatt eine Runde, zwei Runden am Stück gelaufen werden. Hier ist interessant herauszufinden, wir groß der Abfall des Tempos in der zweiten Runde ist. Wenn dieser Test wiederholt wird, muss eine ausreichende Pause eingelegt werden, da ein Zwei-Runden-Lauf gefühlt die anderthalbfache Strecke des Slalomlaufes beträgt.

Theoretische Wettkampfleistung
Eine valide Vorhersage auf das mögliche Wettkampfergebnis lässt sich aus diesem Leistungstest nicht ableiten. Der Grund dafür ist, dass im PO-gerechten Slalomlauf abwechselnd Links- und Rechtstore gelaufen werden, dieser Parameter wird bei diesem Test nicht berücksichtigt.
Im Verlauf der Wettkampfsaison oder im Vergleich mehrerer Saisons miteinander lässt sich aber sehr wohl eine Korrelation zwischen Leistungstest und Wettkampfergebnisse herstellen. Dies ist dann auch ein Indikator, ob eine verbesserte Technik auch im Wettkampf tatsächlich umgesetzt werden kann.

Auswertung am Beispiel Slalomlauf