Die Errungenschaften des THS

Auszüge aus dem Rechenschaftsbericht von 1991 von Gustav Schäfer, dhv-Obmann für Turnierhundsport, der in einer vielschichtigen Analyse um die Akzeptanz des THS in den eigenen Reihen, der Ablehnung durch viele Schutzhundesportler, den Anti-Hundekampagnen sowie der Öffnung der Hundesportvereine für alle Hundehalter und dem damit verbundenen Mitgliederwachstum.

Sehr geehrte Sportfreundinnen, sehr geehrte Sportfreunde!

Diesen Bericht werde ich mit der Geburtsstunde des Breitensports beginnen. Die Geburtsstunde des Breitensports war anlässlich der swhv-Siegerprüfung 1972 in Mühlacker. Diese gezeigten Vorführungen wurden vom anwesenden Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Da ich bei dieser Siegerprüfung als aktiver Hundeführer teilgenommen habe, klingt mir noch heute die Äußerung eines gleichfalls teilnehmenden Hundeführers im Ohr, die wie folgt gelautet hat: „Die stehlen uns (unter uns verstand er die SchH-Sportler) die ganze Show.“ Es war ein Ausspruch voller Neid. Von der Idee bis zum heutigen Stand des Turniersports sind fast 20 Jahre im Hundesport vorübergegangen und man sollte eigentlich die nun folgenden Ausführungen nicht mehr machen müssen.

Was für ein Gedanke stand denn eigentlich hinter dem Breitensport? Kein Verantwortlicher der damaligen Zeit wollte dem SchH-Bereich Konkurrenz bieten, sondern schon damals wurde richtig erkannt, dass wir bei dieser großen Anzahl von Hundehaltern viel zu wenig ihre Hunde einer gezielten Erziehung unterziehen. Aber auch in unseren Vereinen nicht organisiert waren.

Das angestrebte Ziel war es, neue Mitglieder für die Vereine zu erschließen. Zugleich wurde auch die Jugendarbeit aktiv aufgenommen. Da nun nicht jeder Hundehalter den für den SchH-Sport notwendigen Hund hatte, war die Schaffung einer neuen Sportsparte Voraussetzung, die für jeden Hund und Halter, ob jung oder alt, weiblich oder männlich, geeignet ist. Die Gestaltung musste so sein, dass jeder Hund für ein gedeihliches Zusammenleben in der Familie auch den notwendigen Gehorsam mitbekommt. Dies war eine hohe Zielsetzung und für alle im Hundesport Tätigen vollständiges Neuland.

Was für ein Sportinhalt musste also diese neue Sportsparte haben?

  1. Die für jeden Hund notwendige Gehorsamsausbildung
  2. Sie muss für einen Wettkampf geeignet sein
  3. Sie muss sich für alle Altersgruppen eignen
  4. Sie muss sich für alle Größenordnungen im Hundebereich eignen.

Das Resultat nach fast 20-jähriger Praxis ist die heutige Turnierordnung mit bereits 14.000 Startern 1990. Trotz dieser vielen Möglichkeiten, sich um Hundehalter bemühen zu können, gibt es bis zum heutigen Tag noch zu viele Vereine, die hier nicht mitziehen. Leider gibt es bis zum heutigen Tag immer noch Hundeführer und Vereine, die im Breitensport eine lästige Konkurrenz sehen und ihn deshalb nicht in das Sportangebot aufnehmen.

Weder ein Journalist noch das Fernsehen oder andere Medien haben in den 1970er Jahren unseren SchH-Sport und die Hundehaltung im Allgemeinen so angegangen wie heute. Wir hatten also noch eine heile Welt im gesamten Hundesport. Man kann demzufolge nicht sagen, dass der Breitensport aus einem gewissen Zugzwang hat entstehen müssen.

Auf diese Einführungspassage wollte ich nicht verzichten, weil mancher Verein und SchH-Sportler noch immer der Meinung ist, der Breitensport soll den SchH-Sport verdrängen.

Doch genau das Gegenteil war der Gedanke derer, die ihn entwickelten. Man wollte einfach eine Möglichkeit für alle Hundehalter schaffen, sich mit ihrem Hund sportlich betätigen zu können, um auch den für die Zukunft so notwendigen Nachwuchs in den Vereinen zu gewährleisten.

Vergleichen wir einmal die Teilnehmerzahlen im SchH-Bereich und es ist nicht schwer festzustellen, dass wir stagnieren. Es kann heute schon nachgewiesen werden, dass viele neue SchH-Sportler über den Breitensport gekommen sind. Warum geht es nicht in alle Köpfe, dass ein neu hinzukommender Hundehalter zum Einstieg eine leicht verständliche und durchzuführende mit frühen Erfolgserlebnissen verbundene Sportsparte benötigt? Mir ist keine Sportart bekannt, wo ein Anfänger sofort bei den Spitzensportlern und Leistungsträgern eingestuft wird. Bei uns wird dies aber noch heute in so manchem Verein praktiziert. Zur Erinnerung möchte ich gleichfalls noch etwas anführen: Beim Kampf um die Gemeinnützigkeit war der Breitensport die Sportsparte, welche von den Experten als Sport im allgemeinen Sinn eingestuft wurde. Selbst von der höchstrichterlichen Instanz (BVH) wurde der SchH-Bereich nicht als Sport anerkannt. Auch das sollte nicht vergessen werden, sondern wir müssen einfach die Realitäten sehen.

Wir haben doch die Verteufelung betr. Schutzhundeausbildung nicht erfunden und als Konsequenz den Breitensport entwickelt. Das waren doch und sind noch ganz andere Gruppierungen. Wenn wir ihn aber nicht schon so viele Jahre praktizieren würden, wären wir wohl zur Erhaltung unserer Vereine schon im Zugzwang, schnell etwas zu ihrer Erhaltung zu tun. Hier müssen sich die Vereine und ihre Verbände schon fragen lassen: „Haben sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft, den Hundehaltern Hilfestellung anzubieten sowie das Öffentlichkeitsbild zu verbessern?“

Ja, zumindest die, welche sich um den Breitensport aktiv angenommen und verwirklicht haben.

Fragen sie sich ruhig, was hat das mit einem Rechenschaftsbericht zu tun!

Mit dem abgelaufenen Sportjahr sicherlich nicht viel. Bin aber der Meinung, dass es immer wieder eine Rückbesinnung geben muss, ansonsten läuft bald nicht mehr viel oder nicht mehr das, was wir für einen weiteren Aufwärtstrend notwendig haben: starke Vereine und somit auch starke Verbände und dadurch wiederum eine stärkere beeinflussende politische Macht, die dann auch unseren alten Hundesport – den SchH-Bereich – verteidigen und erhalten kann.

Bedenkt, was zurzeit so alles in den Bundesländern und im Bundestag selbst vorliegt und von uns nur sehr schwer oder überhaupt nicht beeinflusst werden kann.

Warum?

Weil wir kein politisches Gefahrenpotenzial für die Volksvertreter darstellen.

Darum!

Wie kann man dies jedoch ändern?

Zum einen mit einer immer wieder öffentlichen Darstellung und zum anderen mit einer sichtbaren sportlichen Ausbildungsarbeit, bei der erkennbar ist, dass wir uns alle um eine verträgliche Hundehaltung bemühen.

Schon Goethe sagte: „Ein Hund, der wohlerzogen, ist selbst einem weisen Mann gewogen.“

Helfen wir deshalb mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit, das Öffentlichkeitsbild zu verbessern.

….

Hier möchte ich meine Ausführungen vom Bericht 1988 zur Erinnerung wiederholen:

Ohne die Turnierhundsportler 1990 wäre das hundesportliche Geschehen in Deutschland um bereits 14.000 Hundesportler ärmer gewesen. Das muss doch Anlass genug sein, den Turnierhundsport noch besser zu pflegen und in die Vereine aufzunehmen:

Man muss ihn sicherlich aber auch wollen.

Diese Zahl von Hundesportlern kann und darf man einfach nicht mehr übersehen, sondern sie sind zur Erhaltung unseres gesamten Hundesports einfach eine Notwendigkeit.

Und nun wiederhole ich noch einmal wie eingangs angeführt:

Der Turnierhundsport wurde nicht entwickelt, um den SchH-Sport zu verdrängen, sondern dass die Vereine neue Mitglieder erschließen können, damit auch der so notwendige Nachwuchs gesichert werden kann, wobei auch der SchH-Bereich profitieren wird. Gegenseitige Vorwürfe, für oder gegen den Breitensport, helfen auf keinen Fall irgendeinem Verein in seiner Existenz.

Es ist an der Zeit, dass alle im Hundesport Interessierten – gleich, für welche Sparte sie schwärmen – an einem Strang ziehen. Die Aufgabe der Vereine muss es sein: Hunde zu erziehen, ob für den sportlichen oder rein privaten Bereich. Wir dürfen uns nicht mehr abschirmen, sondern es ist heute mehr denn je erforderlich, dass wir unsere öffentliche Aufgabe erkennen und annehmen. Die Hoffnung gebe ich nicht auf, dass dies doch eines Tages auch so von den meisten Vereinen gesehen wird.

Da ich die Altersgrenze erreichte, wo man nicht mehr als Leistungsrichter und Bewerter tätig sein darf, lege ich auch das Amt des Obmanns für Turnierhundsport in jüngere Hände. … Dem Hundesport, mit allen seinen heutigen Möglichkeiten, wünsche ich für die Zukunft eine gute Aufwärtsentwicklung. Die Grundlagen sind vorhanden, etwas daraus zu machen, und ist Aufgabe aller im Hundesport tätigen Sportfreundinnen und Sportfreunde.