Wer kennt nicht die Teams, bei denen der Hund unheimlich leistungsbereit am Start steht und das Zusammenspiel Mensch/Hund beinahe perfekt funktioniert. In der Typologie werden sie auch als die Nervösen beschrieben. Die Einschränkung „beinahe“ entfernt diese Teams alllerdings von Top-Leistungen und den Sprung auf das Siegerpodest bei den ganz großen Events. Ein leichtes Vorprellen an der Hürde verbunden mit einem Touchieren des Schwungbeins des Hundesführers und schon verliert der Hundeführer seinen Rhythmus und eine Stange fällt. Immer dann, wenn versucht wird an die Leistungsgrenze zu gehen, passieren scheinbare Leichtsinnsfehler oder Fehler, die gemeinhin mit Pech umschrieben werden.
Können diese Fehler vermieden werden und vorallem wie ist das trainierbar?
Ein hochmotivierter Hund ist der Traum vieler Hundesportler. Wenn man als Hundeführer den Trieb des Teampartners förmlich spürt, hat das auch etwas Magisches an sich. Man hat das Gefühl, alles erreichen zu können. Die Hundeführer drehen dabei die Spannungskurve des Hundes immer höher, in der Annahme, dass der Hund auf Grund seiner tollen Eigenschaften zu funktionieren hat. Das ganze geht auch sehr lange sehr gut und deshalb ist dieser Zustand an sich auch gar nicht negativ zu bewerten. Problematisch wird es nur, wenn der Gegenpol – nämlich die Entspannung – gar nicht oder falsch stattfindet. Ein Hund funktioniert nicht wie eine Maschine, auch wenn die Teamführer der Meinung sind, „er muss es eigentlich wissen“.
Das Training im Extrembereich – also mit den ganz hohen Geschwindigkeiten – kann das Team nur weiterbringen, wenn der Hund sehr sensibel auf feine Nuancen des Hundeführers reagiert. Im eingangs erwähnten Beispiel des Hürdenlaufs bedeutet das, dass ein so motivierter Hund gar nicht mehr auf ein Hörzeichen reagiert, und sei es noch so hart ausgesprochen. Zudem sind diese Situationen – vor allem im Training – nicht beliebig herbeizuführen. Sie kommen meist ohne Vorankündigung und in den Bruchteilen von Sekunden, in denen sich das Fehlverhalten anbahnt, gelingt es dem Hundeführer nicht mehr gegenzusteuern. Deshalb helfen auch die bekannten Hilfsmittel wie Hörzeichen, Kehrtwendung, Kreisel oder Tempowechsel nur sehr bedingt weiter. Die Einwirkungen kommen in der Regel zu spät.
Welche Ansatzpunkte gibt es? Die Zauberformel lautet Entspannung. Da dies nicht während des Laufens trainiert werden kann – ohne Spannung kann man nicht schnell laufen – liegt der Ansatzpunkt zur Optimierung außerhalb des eigentlichen Laufens. Die Entspannungsphase fängt unmittelbar nach dem Lauf an und endet mit der Vorbereitung auf den nächsten Lauf. Sind Hunde in der Lage zu entspannen, dann sind sie auch aufnahmefähiger für Korrekturen. Der Hund kann aber nur entspannen, wenn es sein Teamführer vorlebt und zulässt.
Schwenken wir den Blick wieder in die Praxis, wie wird auf dieses Verhalten häufig reagiert? Als Schlusspunkt einer Laufdisziplin wird als Gehorsamselement eine Grundstellung eingebaut. Der Hundeführer führt diese in höchster Spannung aus in der Annahme, dass man dem zeigen muss, dass er zu gehorchen hat. Sitzt der Hund nicht korrekt („er hat ja schließlich zu gehorchen“), muss er sich selbständig korrigieren, indem der Hundeführer sich solange seitlich vom Hund weg bewegt, bis er tadellos sitzt. Anschließend wird der Ball geworfen, oder, genau so schlecht, der Hundeführer schlappt einfach davon und überlässt den Hund sich selbst.
Von außen kommen dann bewundernde Blicke, wie der Hund sich ohne äußere Einwirkung nachkorrigiert. Das ist vielleicht schön anzusehen, es ist aber ein Muster ohne Wert und bringt das Team in dieser Situation nicht weiter.
Ein Gehorsamselement zum Ende einer Übung ist der richtige Ansatz. Dieses Element muss aber fließend in eine Entspannungsphase übergehen. Zuerst muss die Spannung aus dem Hundeführer entweichen und anschließend beugt sich der Hundeführer zum Hund und berührt und streichelt ihn. Das ganze kann dann auch gerne in ein ruhiges Schmusen übergehen und der Hund bekommt einen Belohnungsbrocken.
Viele Hunde halten die Ruhe am Anfang gar nicht aus. Ihr Weltbild besteht aus Höchstleistung unter Vollspannung und es wird auf die Beute gewartet, der sie hinterherrennen wollen. Die Folge ist, dass sie sich entziehen und der Hundeführer wird mit einer Situation konfrontiert, die er noch aus grauer Vorzeit aus der Junghundeausbildung her kennt. Er muss erst einmal Vertrauen aufbauen, damit sein Hund eng zu ihm herkommt. Und wieder aufgepasst: das Herkommen darf nicht durch ein Hörzeichen erfolgen. Wir wissen ja, dass der Hund gehorcht. Jetzt wollen wir aber, dass er von sich aus eng zu uns herkommt und die Ruhe mit seinem Teamführer geniest. Erst wenn dieser Punkt erreicht ist, bekommt der Hund seine Beute und kann sich über den Bewegungsdrang ausleben.
Mit dem Wechsel zur Entspannung beugt man dem Überdrehen des Hundes vor. In der Folge zeigt der Hund dann auch wieder die notwendige Sensibilität, um Kleinstkorrekturen auszuführen und es kommt wiederum nicht zu Fehlern.
Der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung bekommt dann im Wettkampf eine noch viel höhere Bedeutung. Das Messen gegen Gleichstarke lässt das Adrenalin sprudeln. Wer nicht in der Lage ist, sich und seinen Hund zwischen den einzelnen Disziplinen zu entspannen, der reibt sich auf, wird übermotiviert an den Start gehen und kann seine wahre Leistungsfähigkeit nicht unter Beweis stellen.