Operationalisierung einer Trainingsstrategie
Auf Seite 11 in der Printbroschüre wurden die theoretischen Grundlage zum kognitivem Lernen beschrieben, die hier mit praktischen praktischen Fallbeispielen ergänzt werden.
Julia Zimmermann und ihr Ares hatten folgendes Problem: Ares prescht im Hürdenlauf teilweise nach vorne und wenn, dann auf dem letzten Wegdrittel zur Hürde hin. Bei einem scharfen Hörzeichen bleibt er bei Fuß. Zudem wirft er auch immer wieder Stangen. Das Timing und die Höhe für den Sprung an sich sind ausreichend, er lässt dann aber einfach sein Hinterteil fallen. Ohne diese Fehler hat das Team das Potenzial unter die Top 5 bei Deutschen Meisterschaften zu kommen.
1. Ursache und Ursprungsort identifizieren
Das Stangeabwerfen hatte zwei Ursachen: Es zeigte sich zum einen, wenn das Tempo zu niedrig wurde, also die Horizontalgeschwindigkeit zu langsam war, zum anderen wenn das Hörzeichen „Fuß“ vor dem Absprung erfolgte, der Hund also zu stark in den Gehorsam gesetzt wurde und als Reaktion darauf seine Läufe fallen lässt.
2. Leitbild für richtige Übungsausführung entwickeln
Um die Stangenabwürfe zu vermeiden, sollte nicht nur die Laufgeschwindigkeit hochgehalten bzw. gesteigert werden, sondern auch das Timing für das Hörzeichen verändert werden. Auf das Hörzeichen bezogen bedeutete das, dass es nur noch unmittelbar am Start und direkt nach der Landung gegeben werden durfte. Dies ist insofern eine sehr schwierige Konstellation, da der Zeitpunkt des Hörzeichens scheinbar unabhängig vom Laufverhalten des Hundes gegeben wird. Spürt der HF, dass sich der Hund von ihm entfernt und das ist meistens auf dem Weg zur bzw. unmittelbar vor der Hürde der Fall, wird man instinktiv ein Hörzeichen geben wollen. Das durfte jetzt nicht mehr gemacht werden. Der HF musste bereits bei der Landung nach der Hürde entscheiden, ob er ein Hörzeichen gibt und in welcher Intensität dies erfolgen soll.
3. Strategie für die Fehlerbehebung entwickeln
Die Erhöhung der Laufgeschwindigkeit wurde unmittelbar mit der Verbesserung der Kondition erzielt. Um dem Vorprellen entgegenzuwirken wurden zwei Maßnahmen eingeleitet. Zum einen galt es, das Grundniveau zu erhöhen, um den Hund in eine Position zu bringen, dass er grundsätzlich weniger zum Vorprellen tendiert. Als weiteren Punkt wurden verstärkt Gehorsamselemente vor dem unmittelbaren Start eingeführt, um den Hund einfacher bei Fuß halten zu können, ohne Hörzeichen während des Laufens geben zu müssen.
4. Validierung der Strategie
Sowohl im Training als auch im Wettkampf fielen weniger Stangen, ganz fehlerfrei waren die Hürdenläufe aber immer noch nicht. Das Vorprellen an sich war kein Problem mehr. Da die Hörzeichen auch zum richtigen Zeitpunkt gegeben wurden und die Laufgeschwindigkeit hoch war, blieben als einzige Stellschrauben noch die Veränderung der Gehorsamselemente unmittelbar vor dem Start sowie das unmittelbare Ansteuern der Hürde durch den Hund.
5. Anpassung der Strategie bei Bedarf
Das Einordnen unmittelbar vor dem Start musste zeitlich weiter nach hinten verlegt werden. Das heißt, zwischen „Einordnung des Hundes“ und Lauf musste mehr Zeit liegen. Zudem musste der HF zu dem Zeitpunkt schon lernen abzuschätzen, wie motiviert der Hund zum jeweiligen Zeitpunkt ist. Reichen weniger Einordnungsübungen aus, damit er bei Fuß bleibt oder muss intensiver gearbeitet werden? Ergänzend dazu wurden Läufe über kurze Hürdenabstände (3 Meter) gemacht, um dem entgegenzuwirken, das der Hund die Hürde falsch taxiert bzw. flapsig überspringt. Diese Übung wurde später auch in das Wintertraining integriert (siehe Video Hürdensequenzen).
Diese Strategie ging schlussendlich in der zweiten Jahreshälfte 2011 auf. Das Team steigerte zunächst seine persönliche Bestleistung auf 278 Punkte, später blieb es sowohl bei der dhv- als auch bei der VDH-DM im Hürdenlauf ohne Fehler und wurde bei der VDH-DM mit dem dritten Platz belohnt.