
All-Time-Bestenliste im Hürdenlauf für Meisterschaften (VDH, dhv, DVG, swhv) mit allen Zeiten, die jemals unter 12,50 Sek. erzielt wurden.
Das Training und die Wettkampfvorbereitung in einem Mehrkampf unter leistungssportlichen Gesichtspunkten will ich für die Vorbereitung auf die VDH-DM 2023 im Detail beschreiben. Zwischen dhv-DM und VDH-DM liegen 5 Wochen, ein guter Zeitraum, Dinge nochmals neu zu justieren.
Ziele im Leistungssport
Ziele im Leistungssport müssen ambitioniert sein. Da Leandro in der Jugend in seiner eigenen Liga läuft, ist der direkte Vergleich mit Gleichaltrigen keine Herausforderung mehr. Deshalb wollten wir uns zu Saisonbeginn sukzessive an das Limit herantasten und das Leistungsvermögen ausschöpfen. Als Punktzahl sah ich 285 im Bereich des Möglichen. Nach den 285,53 Punkte zur Jahresmitte bei den swhv-Meisterschaften, haben wir uns für den Saisonhöhepunkt auf neue Ziele geeinigt:
- Bestätigung der Leistung der swhv-Meisterschafen
- Möglichst nahe an die Spitze der Aktiven herankommen
Wenn ich schreibe „wir haben uns darauf geeinigt“, bedeutet das, dass das ein beidseitiger Prozess war. Der Sportler muss seine Bereitschaft signalisieren, wo die Reise hingehen soll und welches Engagement er einbringen will.
Aber auch für mich als Trainer geht es um Einsatz, Engagement und Herausforderungen. Erfolgreich am Limit laufen zu wollen ist es für den Trainingsprozess eine ganz andere Herangehensweise, als das Ziel zu verfolgen, die Altersklasse zu gewinnen und über 280 Punkte zu kommen.
Schwerpunkte setzen
Wie schon zuvor geschrieben, besteht ein Mehrkampftraining immer aus Kompromissen. Wieviel Zeit steht grundsätzlich zur Verfügung? Welche Schwerpunkte werden im Training gesetzt? Auf was wird verzichtet bzw. wo nehmen wir uns den Mut zur Lücke? Was kann der Sportler und der Hund an Belastung vertragen und ab wann wird der Bogen überspannt?
Im Fall von Leandro liegt der sportliche Fokus nicht ausschließlich auf dem Hundesport, deshalb war es erforderlich, exakte Antworten auf diese Fragen zu geben. Nur so waren wir in der Lage, das ambitionierte Vorhaben auch realisieren zu können. Sind die Ziele weniger ambitioniert bzw. ist die Lücke zur Zielerreichung kleiner, kann das natürlich auch legerer gehandhabt werden.

Überblick über den Trainingsplan für die letzten 5 Wochen vor der VDH-DM.
Die letzten 5 Wochen vor der VDH-DM wurde unter folgenden Prämissen geplant:
- Eine Woche vor der VDH-DM war ein 800-m-Lauf geplant, weil Leandro nach 4 Jahren wieder einmal auf der Rundbahn stehen wollte. Das Ziel war, unter die Top 15 in seinem Jahrgang in Württemberg zu laufen. Um das zu realisieren waren drei spezifische (also Tempoläufe auf der Bahn) und drei semi-spezifische Trainingseinheiten (Läufe außerhalb der Bahn) geplant.
Wir haben also nur auf die Physis von Leandro für den 1.000-m-Lauf gesetzt. Zwei dieser sechs Einheiten wurden vor diesem 5-Wochen-Block absolviert. - Das parallele Fußballtraining ersetzte das Sprint- und Ausdauertraining. Auch hier haben wir einen Kompromiss gewählt und auf ergänzendes Training in diesen Bereichen verzichtet.
- Das Training mit Coco für den 1.000-m-Lauf reduzierte sich auf eine Einheit in abgespeckter Form (3 x 200 m). Wie bereits zuvor skizziert, gaben wird uns damit zufrieden, das Leistungsniveau von Coco in diesem Bereich zu erhalten.
- Dann hatten wir nur noch sechs Trainingseinheiten mit Hund zur Verfügung, unterteilt in vier Mal Hürdentraining und zwei Mal Slalomtraining. Beides trainieren wir nicht an einem Tag, weil die Trainingsreize sonst nicht verarbeitet werden könnten. Im Umkehrschluss bedeutete das aber auch, dass die Inhalte dieser Einheiten sehr präzise geplant, um den gewünschten Lernfortschritt zu ermöglichen. Bei einem gestandenen Hundeführer ist das deutlich einfacher umzusetzen, als bei einem Sportler, der nicht viel mehr Erfahrung hat, als ein Rookie.

Der Slalomlauf gehörte mit nur zwei Trainingseinheiten zu den Bereichen mit geringer Priorität. Die fehlende Praxis machte sich dann bemerkbar, indem die beiden 35/100 über der Zeit von der dhv-DM blieben. In Summe aller Disziplinen, war es aber der richtige Kompromiss.
- Zum Abschluss dieser Trainings wurde in der Regel noch ein paar Hindernisse gelaufen. Hier geht es für Coco nur um die Rhythmusschulung, damit sie die Abstände der Hindernisse auch in hohem Tempo richtig taxiert. Alternativ hat Leandro Steigerungsläufe ohne Hund zur Verbesserung der Laufökonomie trainiert.
Anpassung der Schwerpunkte
Im Hürdenlauf war die Wendestange der neuralgische Punkt. Je größer der Bogen nach der Wendestange wurde, desto höher war die Wahrscheinlichkeit an Hürde 4 oder 5 vorzuprellen. Deshalb haben wir viele Sequenzen mit Start an Hürde 2 und 3 gemacht. Im Training klappte das sehr gut, im Wettkampf weniger. Der Grund war, dass der Weg vom Starttor bis zur Wendestange deutlich länger ist als wenn von Hürde 2 oder 3 aus gestartet wird und sie deshalb in einem ganz anderen Rhythmus auf die Wendestange zuläuft. Coco hatte seither aber noch nicht das Trainingsniveau für lange Sequenzen aus vollem Tempo, deshalb hatten wir das gemieden.

Die Wendestange war in der Vorbereitung auf die VDH-DM ein neuralgischer Punkt, weil der Laufweg von Coco aus kurzem Anlauf sich nicht übertragen ließ, wenn über die volle Distanz die Wendestange angelaufen wurde.
Wir haben dann den Aufbau der Trainingseinheiten etwas angepasst, um wenigsten zwei bis drei Durchgänge über 4 oder 5 Hürden hinweg in hohem Tempo durchführen zu können. Allerdings ging das auch auf Kosten einer nicht so exakten Umrundung der Wendestange. Wissend, dass wir diese Aufgabe nicht zufriedenstellend lösen konnten, ging es dann zur VDH-DM.
Dort lief Coco die ersten drei Hürden perfekt mit, die Wendestange war dann nicht aber so eng, wie sie hätte sein sollen. Durch den kleinen Bogen war Coco etwas hinter Leandro. Leandro bremste deshalb zwei Schritte vor Hürde 4 leicht heraus, damit Coco wieder aufschließen konnte. So kam es zum Zielkonflikt, dass Leandro erst wieder beschleunigen musste, während Coco schon im vollen Speed war. Im Endeffekt blieben sie fehlerfrei und liefen mit 12,39 Sekunden die schnellste Zeit aller S-VK und VK. Im höchsten Tempo können solche Kleinigkeiten allerdings gleich eine große Wirkung haben.
Ein weiteres Mal machte uns Ende der KW 39 eine Erkältung einen Strich durch die Planung. Wir entschieden uns, trotzdem den 800-m-Wettkampf zu versuchen. Das ging gründlich daneben und hat im Endeffekt nur Nachteile gehabt. In den zwei drauffolgenden Tagen wurde deshalb auf die geplanten Fußballeinheiten verzichtet, sodass dienstags wenigsten das Abschluss-Training vor der VDH-DM gemacht werden konnte.